Ex tunc – Wissenswertes zur Rückwirkung von Verträgen
In der Praxis und im Zivilrecht wirkt jede Rechtshandlung grundsätzlich „ex nunc“. Das bedeutet, dass ein bereits geschlossener Vertrag, der in seinen Vereinbarungen geändert wird, ab diesem Zeitpunkt neu gilt und nicht mehr rückwirkend. Das kann bei einer Kündigung oder Anfechtung ebenso der Fall sein wie bei Aufhebungsvereinbarungen und Urteilen. Soll dagegen rückwirkend eine Änderung erzielt werden, nennt sich das juristisch „ex tunc“.
Was bedeutet ex tunc?
Der lateinische Terminus „ex tunc“ steht in der juristischen Fachsprache für die Rückwirkung eines Vertrags oder eines Urteils von einem früheren Zeitpunkt an. Ex tunc hat die Bedeutung „von Anfang an“ und kann sich auf zahlreiche juristische Vorgänge beziehen. Der Begriff steht dem „ex nunc“ gegenüber, dessen Wirkung „ab jetzt“ gilt. Eine Anfechtung oder Änderung der Vertragsbedingungen bezieht sich auf den jetzigen Zeitpunkt und auf die Zukunft, um die Fortgeltung einer Rechtsvorschrift zu verhindern. Es findet entsprechend keine Rückwirkung statt.
Hast du bestimmte Zahlungen geleistet, die im Vertrag vereinbart waren und ändern sich die Vertragsbedingungen durch Anfechtung, erhältst du diese nicht zurück, es gelten lediglich neue Bedingungen. Sachverhalte, die bereits verwirklicht wurden, bleiben unverändert. Die Wirkung et tunc wird gesondert angeordnet. Das ist in der Schweiz entweder gesetzlich oder vertraglich notwendig.
Was bedeutet ex tunc bei einer Anfechtung?
Die Wirkung „ex nunc“ kehrt sich bei einer Anfechtung fast immer in ein „ex tunc“ um. Das bedeutet, dass ein Rechtsgeschäft, das du anfechtest, automatisch als von Anfang an nichtig angesehen werden muss. Leistungen, die du empfangen oder gewährt hast, müssen von beiden Vertragsparteien dann wieder zurückerstattet werden, was bei einem „ex nunc“ nicht notwendig wäre. Nicht gültig ist eine Wirkung „ex tunc“ bei Gesellschafts- und Arbeitsverträgen.
Bei der Beurteilung einer Anfechtung ist die Wirkung ex tunc die einer Willenserklärung, die das eigentliche Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig betrachtet. Die Folge ist, dass ein neuer Entscheid getroffen wird, der auch neue Vereinbarungen enthält. Der Begriff kennzeichnet unter Anwälten immer ein Ereignis mit Rückwirkung, bei dem die Rechtslage sich nicht nur für den Augenblick verändert, sondern auch für die Vergangenheit. Hast du einen Vertrag abgeschlossen, der angefochten wird, und fällt der Begriff ex tunc, bedeutet das, dass auch eine Rückabwicklung bereits aufgeführter Inhalte stattfindet.
Welche Regeln gelten für eine Kündigung?
Bei Kündigungen kommt die Rechtswirkung entweder ex nunc oder ex tunc zur Geltung. Reichst du eine Kündigung aus wichtigem Grund ein, gilt entweder eine Aufhebung oder eine Auflösung der Vertragsbedingungen. Verträge sind in der Regel bindend, bis sie angefochten oder gekündigt werden. Bestehen vorübergehende Schuldverhältnisse, gilt eine Kündigung meistens als „ex nunc“, sodass neue Regelungen ab dem Zeitpunkt der Kündigung wirksam werden.
Wann ist von der Nichtigkeit eines Vertrags im Mietrecht die Rede?
Bei einem Mietvertrag gilt die Nichtigkeit des Vertrags, sobald die Wirkung „ex tunc“ gültig wird. Bei der Nichtigkeit des Vertrags gelten die Bedingungen rückwirkend, sodass der Vermieter, wenn du die Miete nicht zahlst und der Mietvertrag gekündigt wird, das Recht hat, einen Vermögensausgleich zu erwirken. Du musst für die Zeit dann rückwirkend gerade stehen und die fehlenden Mieten ersetzen, denn es entstand ein Vertrauensschaden, der ausgeglichen werden muss.
Bei der Kündigung gelten bei der Kommission Regelungen, die zunächst den Mieter schützen und ihm ein langfristiges Mietverhältnis sichern. Hältst du dich an die vertraglich vereinbarten Bedingungen, kann dir der Vermieter nicht grundlos kündigen. Bei einem schuldlosen Verhalten ist die Kündigung mit rechtzeitiger Benachrichtigung nur bei Eigenbedarf möglich. Selbst, wenn der Vermieter die Wohnung verkaufen möchte, muss er dir das Vorkaufsrecht einräumen, während du, wenn du dies ablehnst, die Wohnung noch weiterhin nutzen kannst. Das gilt nicht, wenn eine Nichtigkeit des Vertrags von Anfang an gilt.
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Was ist die zeitliche Rückwirkung bei einem Urteil?
Grundsätzlich gilt bei der Rechtsprechung eines Urteils die Bindungswirkung ex tunc. Sie bezieht sich auf den gesamten Zeitraum der Geltungsnorm. Einzige Ausnahmen für diese Wirkung sind Beschränkungen der Rechtsfolgen bei Vorabentscheidungen.
Was sind Dauerschuldverhältnisse und wie unterscheiden sie sich von Zielschuldverhältnissen?
Schuldverhältnisse wirken manchmal ex nunc, manchmal ex tunc. Einige sind dauerhaft, andere vorübergehend. Zielschuldverhältnisse sind Kaufverträge oder Werkverträge. Beispiele für Dauerschuldverhältnisse sind:
- Arbeitsverträge
- Dienstverträge
- Bestandverträge (Miet- oder Pachtverträge)
- Versicherungsverträge
- Verlagsverträge
- Leasingverträge
Beim Zielschuldverhältnis kommt es zum einmaligen Leistungsaustausch, wobei der Vertrag mit der Erfüllung endet. Eine Auflösung ist ex tunc geltend. Dauerschuldverhältnisse wiederum sind langfristig angelegt und abhängig von der Dauer des Schuldverhältnisses. Eine Auflösung gilt ex nunc. Nachvollziehbar ist das, da beim Zielschuldverhältnis der Leistungsinhalt von vorneherein bekannt ist und feststeht. Das bedeutet, du musst dich auch rückwirkend an die Erfüllung der Bedingungen halten.
Welche Ausnahmen gibt es bei ex-tunc-Wirkungen?
Wenn du einen Arbeitsvertrag anfechtest, kommt es zu einer Nichtigkeit des Vertrags, die zwar rechtswirksam ex tunc gültig ist. Der Arbeitsvertrag wird jedoch trotzdem für die Zeit bis zur Vertragsänderung oder Kündigung als wirksam behandelt, wenn du als Arbeitnehmer für den Arbeitgeber gearbeitet hast. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss dich trotzdem für diesen Zeitraum bezahlen und versichern. Auch Gesetze oder Verordnungen dürfen nicht rückwirkend in Kraft treten. Hier gilt das Prinzip der verbotenen Rückwirkung, damit die Rechtssicherheit nicht verletzt wird.
Erstellt: 08.12.2020 - Copyright: 2020 Swisscom Directories AG