Medizinproduktegesetz: Patientensicherheit bei medizinischen Hilfs- und Arzneimitteln

Die Medizinprodukteverordnung (MepV) regelt seit 2002 die Rechtslage für die Zulassung, den Handel und die Anwendung von Medizinprodukten wie Implantaten, Heilmitteln, Hilfsmitteln und Medizintechnik in der Schweiz. In Verbindung mit Brustimplantaten aus Silikon und Hüftprothesen hat es in der jüngeren Vergangenheit Aufsehen erregende Fehler und mangelnde Kontrolle gegeben. Weltweit erhöht sich seitdem der Fokus auf Patientensicherheit beim Einsatz dieser Produktgruppe. Deshalb ist in Europa die Gesetzgebung rund um Medizinprodukte verschärft worden. Spätestens ab 2021 müssen Unternehmen beim Inverkehrbringen von Medizinprodukten in der EU der MDR (Medical Devices Regulation) folgen. Was bedeutet das für die Schweiz?

Welche Hilfs- und Arzneimittel sind vom Medizinproduktegesetz betroffen?

Medizinprodukte sind für die medizinische Anwendung an Mensch oder Tier bestimmt, ohne dass ihre primäre Wirkung durch ein Arzneimttel erreicht wird. Die Medizinprodukteverordnung klassifiziert verschiedene Produkte je nach Anwendung am Patienten. Der Gesetzestext liefert eine Definition der verschiedenen Arten von Medizinprodukten wie:

  • Klassische Medizinprodukte, zum Beispiel Stomabeutel
  • Medizinprodukte für die In-vitro-Diagnostik, zum Beispiel Laborgeräte
  • Aktive implantierbare Medizinprodukte, zum Beispiel Herzschrittmacher

Arzneimittel werden hingegen nicht vom Medizinproduktegesetz umfasst. Für sie gilt die „Verordnung über die Arzneimittel“. Manche Medizinprodukte enthalten allerdings Wirkstoffe aus dem Arzneimittelbereich. Das ist zum Beispiel bei Wundauflagen mit schmerzstillenden Wirkstoffen der Fall. Bei solchen sogenannten Kombinationsprodukten gelten sowohl die Medizinprodukteverordnung als auch die Verordnung über die Arzneimittel.

Wer unterliegt dem Medizinproduktegesetz?

Unternehmen, die in der Schweiz Medizinprodukte in Verkehr bringen, unterliegen der Medizinprodukteverordnung. Das heisst, ein Produktionsunternehmen, dem sowohl Forschung und Entwicklung als auch Vertrieb in der Schweiz obliegen, muss dem Gesetz folgen. Gleiches gilt für Importeure (auch für Parallelimporteure) von Medizinprodukten aus anderen Ländern. Händler wie Gross- und Fachhändler oder Apotheken müssen sicherstellen, dass die von ihnen ausgelieferten Medizinprodukte die Regeln einhalten – auch wenn die Ausführung der Massnahmen dem Hersteller oder Importeur obliegt.

Welche Anforderungen stellt die EU-Richtlinie (MDR)?

Die EU stellt vor dem Hintergrund von fehlerhaften Implantaten und Prothesen in ihrer neuen Richtlinie MDR (Medical Devices Regulation) höhere Anforderungen an Händler und Produzenten von Medizinprodukten. Sie zielen hauptsächlich auf erhöhte Patientensicherheit ab. Zu den Sicherheitsmassnahmen gehören unter anderem:

  • konkretere Auszeichnung von Verpackungen
  • Nachverfolgbarkeit von Losen, Serien und Einzelstücken
  • genaue und verständliche Informationen zur Nutzung wie Gebrauchsanweisungen und Bedienungsanleitungen
  • klinische Prüfung der Anwendung und Wirksamkeit
  • Überwachung der Einhaltung der Anforderungen durch unabhängige Stellen

Die MDR ist bereits seit Mai 2017 Kraft. Die letzte Frist zur Einhaltung der Vorschriften liegt im Mai 2021. Nach diesem Termin unterliegen alle Medizinprodukte, die in der EU im Verkehr sind oder neu zugelassen werden, dieser Regulierung.

Was bedeutet die neue EU-Verordnung für das Medizinproduktegesetz in der Schweiz?

Die EU-Richtlinie besitzt in der Schweiz keine Gültigkeit, da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist. Es gilt weiterhin die Medizinprodukteverordnung. Diese wurde allerdings mit Hinblick auf die neue Richtlinie der EU revidiert. Die MepV wird dahingehend angepasst, dass auch Schweizer Hersteller, Importeure und Händler von Medizinprodukten den inhaltlichen Anforderungen aus der MDR entsprechen müssen. Das sorgt einerseits für Patientensicherheit auf dem gleichen hohen Niveau wie in der EU und sichert andererseits die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Unternehmen auf dem EU-Binnenmarkt.

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Wer übernimmt die Prüfung der Einhaltung des Medizinproduktegesetzes?

Das Schweizerische Heilmittelinstitut, Swissmedic, ist für die Prüfung der Einhaltung zuständig. Die Organisation überwacht Hersteller, Importeure, Händler und die Medizinprodukte, die sie in der Schweiz in Umlauf bringen. Sie stellt fest, ob bei den auf dem Markt befindlichen Medizinprodukten Versorgungs-, Anwendungs- und Produktsicherheit gewährleistet sind. Darüber hinaus wird untersucht, ob die verschiedenen Medizinprodukte ihrer Klassifizierung entsprechend klinisch getestet, korrekt und vollständig ausgezeichnet wurden, ob Gebrauchshinweise in der Sprache der Nutzer beiliegen und ob der gesamte Produktionsweg einer Einheit nachvollziehbar ist.

Was bedeutet das Medizinproduktegesetz für Hersteller, Importeure und Händler?

Das Anpreisen und Inverkehrbringen von Medizinprodukten erfordert nach der Revision der MepV erhöhte Sorgfalt. Diejenigen, die ein Produkt in der Schweiz zulassen und auf den Markt bringen wollen, sind für die Einhaltung der Vorschriften zuständig. In manchen Fällen ist es ein Importeur, der beispielsweise Gebrauchsanweisungen übersetzt. In anderen Fällen sitzt das produzierende Unternehmen in der Schweiz und sorgt deshalb selbst für die Nachvollziehbarkeit der Produktionskette und die einwandfreie Auszeichnung der Produkte auf allen Verpackungsebenen. Viele Unternehmen nehmen bei der Umsetzung der Anforderungen der MepV Beratung und Hilfe in Anspruch. Juristen können bei der Auslegung der Verordnung für die Medizinprodukte im Sortiment behilflich sein. Compliance-Experten können Unterstützung bei der Abgrenzung und Klassifizierung der Produkte geben. Andere heuern Übersetzungsagenturen, spezialisierte Importeure und IT-Spezialisten für die praktische Umsetzung der Anforderungen an.

Welche Verantwortung haben Anwender von Medizinprodukten im Gesundheitswesen?

Anwendern und Betreibern von Medizinprodukten obliegt die Pflicht, zum Beispiel die Verwendung von Implantaten einwandfrei zu dokumentieren. Gegenüber Herstellern und Inverkehrbringern sind sie verpflichtet, schwerwiegende Zwischenfälle wie fehlerhafte Produkte umgehend an Swissmedic zu melden. Ausserdem müssen sich Anwender, beispielsweise in den Spitälern, über aktuelle Rückrufe auf dem Laufenden zu halten. Damit stellen sie sicher, dass in ihrem Hause keine Medizinprodukte mit bekannten Mangeln verwendet werden.

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