Schöffengericht – so helfen Laien bei der Urteilsfindung im Strafprozess
Im Gerichtssaal sind es häufig nicht nur beruflich ausgebildete Strafrichter, die die Urteile fällen. Viele Gerichte sind zusätzlich mit sogenannten Schöffen besetzt. Eine derartige Verhandlung nennt sich auf diesem Grund auch Schöffengericht. Was man darunter versteht, wie man zum Schöffen wird und bei welcher Höhe von Freiheitsstrafen sie mitwirken dürfen, erfährst du hier.
Was ist ein Schöffengericht?
Bei einem Schöffengericht handelt es sich um ein Gericht, bei dem Laienrichter, die sogenannten Schöffen, mitwirken. Das bedeutet nicht, dass jedes Gericht, an dem ein Schöffe mitwirkt, unbedingt auch ein Schöffengericht ist. Das Schöffengericht wird im Allgemeinen als ein Spruchkörper des Amtsgerichts mit Strafgewalt in Verfahren mit einem Strafmass von bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe eingesetzt.
Was versteht man unter einem Schöffen?
Schöffen sind keine Richter, sondern ehrenamtliche „Laienrichter“. Sie üben also nicht im Beruf des Richters aus, sondern sind häufig Beamte, Lehrer, Bankangestellte, Mechaniker, Bäcker, Hausfrauen oder Erzieher. Sie sitzen im Strafverfahren mit auf der Richterbank und beteiligen sich auch an der Urteilsfindung. Somit steuern sie einen wichtigen Beitrag zur Entscheidung des Strafmasses bei verschiedenen Delikten bei.
Wie kann ich als Schöffe bei einem Strafverfahren mitwirken?
Schöffen werden gewählt und zwar für einen Zeitraum von fünf Jahren. Wenn man einmal als Schöffe gewählt ist, ist man auch dazu verpflichtet, das Amt fortlaufend wahrzunehmen. Im Schnitt muss jeder Schöffe etwa 10 bis 15 Verhandlungen im Jahr absolvieren. Der Arbeitgeber muss den Schöffen während dieser Zeit von seinem Hauptjob freistellen. Schöffen haben keine juristische Ausbildung und auch kein juristisches Studium absolviert. Darüber hinaus benötigen sie auch keine besonderen Kenntnisse über die Gesetzesgrundlagen. Dennoch werden sie bei Gerichtsverhandlungen den Berufsrichtern gleichgestellt. Ausserdem unterliegen sie der gesetzlichen Schweigepflicht und müssen den Datenschutz aller Beteiligten gewähren. Sie müssen zudem bei jedem Strafverfahren unparteiisch und unabhängig sein.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um im Schöffengericht als Strafrichter mitzuwirken?
- Alter: zwischen 25 und 69
- Keine Vorstrafen und keine laufenden Ermittlungsverfahren
- Keine Insolvenz
- Guter Gesundheitszustand
Darüber hinaus sollte jeder Schöffe die folgenden Fähigkeiten mitbringen:
- logisches Denkvermögen
- gute Intuition
- keine Vorurteile
- gute Menschenkenntnis
- soziales Verständnis
- Verantwortungsbewusstsein
- Mut und Selbstvertrauen
- gegebenenfalls Erfahrung in der Jugenderziehung (beim Jugendschöffengericht)
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Wie ist ein Schöffengericht besetzt und welche Strafgewalt haben Schöffen?
Die Besetzung eines Schöffengerichtes setzt sich meistens aus einem Berufsrichter und zwei Schöffen zusammen. In manchen Fällen ist die zu verhandelnde Anklage von besonders grossem Umfang. In Fällen besonderer oder umfangreicher Verbrechen wird der Besetzung oft noch ein weiterer Berufsrichter hinzugefügt. Diese Besetzung bezeichnet die Strafkammer als erweitertes Schöffengericht. In allen Fällen liegt die Zuständigkeit beim jeweiligen Amtsgericht, zumindest sofern hierbei der Strafrichter nicht anders entscheidet. Schöffen sitzen während der Verhandlung neben dem Richter, tragen jedoch keine Robe. Darüber hinaus wird ihnen, anders als Anwalt, Staatsanwalt und Richter, kein Einblick in die Prozessakten gewährt. Deswegen haben sie anders als die Berufsrichter einen unvoreingenommenen Blick auf den Angeklagten und sein Vergehen. Sie haben somit keine vorgefertigte Straferwartung und gehen vollkommen offen in die Verhandlung. Ihre elementare und wichtigste Aufgabe ist es deshalb, die Justiz und die Berufsrichter als Laienrichter zu kontrollieren. Das bedeutet, dass sie die Berufsrichter sozusagen überwachen und mit ihnen zusammen zu einem unabhängigen Urteil kommen. In seltenen Fällen kommt es sogar vor, dass Schöffen den Berufsrichter überstimmen.
Freiheitsstrafe und Strafrecht – Wann ist das Schöffengericht zuständig?
Das Schöffengericht ist vor allem bei Fällen von mittlerer Kriminalität zuständig. Meistens liegt die Straferwartung bei dem jeweiligen Verfahren zwischen zwei und vier Jahren Freiheitsstrafe. Verhandelt werden bei einem Schöffengericht also insbesondere Fälle, bei denen es sich um ein sogenanntes Verbrechen handelt und um solche, bei denen die Straferwartung bei mindestens zwei Jahren liegt. Sofern es sich nicht um ein Verbrechen handelt und die Straferwartung unter zwei Jahren liegt, entscheidet der Strafrichter alleine. Hier wird also kein Schöffe oder Anwalt hinzugezogen. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass keine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Sicherungsverwahrung zu erwarten ist. Wenn die Staatsanwaltschaft einen Fall vor dem Landgericht auf Anklage stellt, ist ein Schöffengericht in der Regel nicht zuständig.
Was versteht man unter einem Jugendschöffengericht?
Wie der Name vermuten lässt, wird das Jugendschöffengericht bei Jugendstraftattaten tätig. Es greift ein, wenn eine Jugendstrafe zu erwarten ist, also wenn ein Jugendlicher auf der Anklagebank sitzt. Bei Straftaten oder Vergehen von Erwachsenen, bei denen auch Kinder oder Jugendliche betroffen sind, können Schöffengerichte ebenfalls zuständig werden. Auch wenn es bei der Straftat um Themen wie Jugendschutz geht, können, wie alle Jugendgerichte, auch Jugendschöffengerichte zuständig sein. Ein Jugendschöffengericht ist wie das allgemeine Schöffengericht in der Regel mit zwei Jugendschöffen und einem Berufsrichter versetzt. Es gibt jedoch anders als beim regulären Schöffengericht kein „erweitertes“ Jugendschöffengericht. Eine Erweiterung um einen weiteren Berufsrichter kommt hier also nicht infrage.
Erstellt: 08.12.2020 - Copyright: 2020 Swisscom Directories AG